Projektziele
Ziel des Vorhabens ist die Entwicklung intelligenter Kameras mit Baulängen <3mm und pixelnaher Signalverarbeitung zur Erreichung einer selbst-adaptierenden, hohen linearen Bilddynamik. Diese basieren auf einem mit Mikro- und Nanostrukturierungstechnologien im Wafermaßstab hergestellten mikrooptisch-optoelektronischen System, das in Analogie zu natürlichen Facettenaugen aufgebaut ist. Die zu entwickelnden intelligenten Kameras zeichnen sich durch ihre kurzbauende und kostengünstige Anordnung, sowie erhöhte Flexibilität aus und ermöglichen dadurch neue Anwendungen in den Bereichen industrielle Bildverarbeitung, Sicherheitstechnik und Automotive Vision.

Die industrielle Bildverarbeitung, Sicherheitstechnik und Automotive zählen zu den wachstumsstarken Anwendungsfeldern der optischen Technologien in Deutschland. Optische und optoelektronische Bauelemente stellen in den zahlreichen Anwendungen dieser Felder Schlüsselkomponenten dar und bestimmen mithin maßgeblich die Funktion, Baugröße und den Preis systemischer Lösungen. Konventionelle Systeme aus diesen Anwendungsfeldern zeichnen sich oft durch ihre Robustheit, Zuverlässigkeit und Bedienungsfreundlichkeit aus. Allerdings findet man Einschränkungen im Dynamikumfang (typisch <12bit), der Flexibilität und der Baugröße (minimal 90x30x30 mm3)1 sowie hohe Her-stellungskosten bestehender Kamerasysteme vor, die somit die Nachfrage und Weiterverbreitung in neuen Anwendungen begrenzen. Die Nachteile gehen teilweise auf die in konventionellen Bildsensoren vorzufindende geringe Komplexität zurück. So ist z.B. ein erweiterter Dynamikbereich durch die Integration pixelnaher Zusatzfunktionen auf dem Chip erreichbar, führt jedoch bei der Verwendung konventioneller Objektive zu einer verminderten Empfindlichkeit aufgrund der Verringerung des Pixel-Füllfaktors.

Im vorliegenden Vorhaben werden alternative Ansätze intelligenter pixelnaher Signalverarbeitung in Verbindung mit Multiapertur-Abbildungsoptik für die genannten Anwendungsfelder entwickelt. Der Aufbau der Multiapertur-Optik ermöglicht dabei ein neues Nutzungskonzept der Bildsensorfläche, so dass die Integration von mikroelektronischen Schaltkreisen zur Erweiterung des linearen Dynamikumfangs (bis zu 120 dB) erstmals ohne Abstriche bei der Empfindlichkeit erreichbar wird. Des Weiteren wird eine lokale Selbst-Adaption der Photodioden zur Vermeidung von lokalen Sättigungseffekten bei starken Helligkeitsunterschieden der Szene angestrebt. Gleichzeitig wird untersucht, ob mittels nanooptischer Schichten direkt auf der Siliziumoberfläche eine Verbesserung weiterer Eigenschaften erreicht werden kann, die besonders für industrielle Anwendungen relevant sind (zusätzliche Lichtmodulation, Detektion des Licht-Einfallswinkels bzw. Unterdrückung von Licht aus unerwünschten Einfallswinkeln). Die Verwendung von Multiapertur-Optik ermöglicht eine größere Flexibilität durch die Verbindung mehrerer Funktionen in einem Kameramodul (z.B. bereichsweise spektral gefilterte und 3D Bilderfassung, aufgabenorientierte Anpassung optischer Parameter in verschiedenen Gesichtsfeldbereichen). Durch die kurze Brennweite der einzelnen optischen Kanäle wird eine Miniaturisierung der Kamerabaulänge bis in den mm-Bereich bei gleichzeitig vorteilhaften Eigenschaften (großes Gesichtsfeld, extreme Schärfentiefe) erreicht. Die Herstellung der mikrooptischen Objektive erfolgt durch parallele Fertigungsprozesse auf Wafer Level, welche kostengünstig und kompatibel zu Halbleiterstrukturierungsprozessen sind. Die automatisierte Chip-zu-Chip Objektiv-montage auf Bildsensoren trägt weiterhin zur Reduktion der Herstellungskosten bei großen Stückzahlen bei.

Die im Projekt entwickelten Technologieabläufe und Herstellungsprozesse intelligenter, selbstadaptierender Multiaperturkameras werden auf die prinzipielle Tauglichkeit, Ausbeute und Kostenstruktur hin untersucht. Demonstratoren sind dabei Automotive Kamera (Daimler AG), öPNV Video-Kamera (DResearch GmbH) und High Dynamic Range (HDR) Kamera (Sick AG). Die am Vorhaben beteiligten Industriepartner stellen die späteren potentiellen Lieferanten (Technologiepartner) und auch Systemanbieter (Integratoren, Anwender) dar. Die anwendungsorientierte Entwicklung im produktionsnahen Umfeld und die Bildung einer Lieferantenkette bis zum komplett assemblierten Kameramodul bilden die Voraussetzungen für einen kurzfristigen Ausbau der Produktionskapazität im Anschluss an das Vorhaben dar.

Für drei der zahlreichen Anwendungsbereiche von Mikrokameras werden im Rahmen des Projektes Demonstrationssysteme entwickelt: Automobil-, Sicherheitstechnik und Maschinenbau. Neben diesen Märkten ergeben sich aufgrund der Alleinstellungsmerkmale große Vermarktungschancen in weitere Hoch-Volumenanwendungen (z.B. Mobiltelefon-, Videotelefonie-Kameras).

1 Datenblatt AVT Guppy F-146, Allied Vision Technologies GmbH, Ver. 4.0.1, 2012